Stadtrats Wunschzettelprobleme
Advent ist die Zeit der
Wunschzettel. Kinder können darin herrlich träumen und sich eine tolle Welt zusammenbauen: Legoschiff, mentar für WTOTALHund, Meerschweinchen, Pony,
Konzertkarte der Lieblingsband, Superhandy, Outfit, angesagte Schuhe usw.. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, dem Portemonnaie der Eltern hingegen schon. Sie müssen auch den notwendigen
Winteranorak, den neuen Schrank für das Kinderzimmer, die Klassenreise und die Englischnachhilfe mit einkalkulieren. Eltern sind dann die Spielverderber für die Träume ihrer Kinder. Keine schöne
Aufgabe, aber notwendig.
Wunschzettel schreiben auch die Parteien im Stadtrat. Neue Fahrradwege oder Straßen, mehr Spielplätze und
Bänke, die BUGA und das PINA-Bausch-Zentrum, dazu dringend benötigte neue Schulen, Kindergärten, die Stadthallensanierung usw. . Von den zu bauenden Sozialwohnungen, dem Ausbau des ÖPNV und den
Reparaturen alter Brücken, Straßen und Gebäude ganz zu schweigen. Wer soll das alles bezahlen?
Die CDU im Stadtrat hat nun die undankbare Aufgabe des Spielverderbers übernommen. "Wir können uns nicht
alles leisten, wir müssen Prioritäten setzen!" hat die Fraktionsführung zwei Wochen vor Weihnachten gemahnt. Es muss Schluss sein damit, dass alle ihre Träume verwirklicht haben wollen und oft nicht
sehen, was wirklich wichtig ist. Wir brauchen eine Rangliste mit den vorrangigen Aufgaben unserer Stadt. Denn in den Wunschlisten sind manche dringenden Aufgaben noch nicht einmal angedacht: Was
macht die Stadt mit der in Wuppertal überdurchschnittlich großen Zahl von Schulabgängern ohne Abschlusszeugnis, wo doch Industrie und Handwerk diese jungen Menschen sehr dringend als Arbeitskräfte
benötigen. Weil es noch keinen konkreten Handlungsplan für diese Defizite gibt, werden diese jungen Menschen mit ihren Nöten oft übersehen. Und ein gutes Tourismuskonzept braucht man mit oder ohne
BUGA.
Prioritätensetzen statt einfach alles so weiterlaufen zu lassen: Die CDU hat damit vermutlich die
nächste Stadtratssitzung 2024 im Blick: Hier sollen Millionen € beschlossen werden für den Ankauf riesiger Grundstücke für die BUGA 31 im Tescher Loch. Soll das Priorität haben gegenüber
Schulrenovierungen? Auch soll im Februar ein sicher teurer Geschäftsführer für die BUGA 31 eingestellt werden. Aber was ist, wenn die Hängeseilbrücke aufgrund der Nähe zu BAYER nicht
genehmigungsfähig ist oder der poröse Kalksteinboden an der Kaiserhöhe die Zuglasten der Brücke nicht aushält? Soll das Fest der BUGA31 Priorität haben gegenüber den fehlenden Kindergärten? Kann
Wuppertal 2031 wirklich glänzen als für Touristen attraktive und einladende Stadt angesichts der Innenstadtbaustellen bis 2034? Sollte ein Pina-Bausch-Zentrum als Jahrzehnte lang international
bedeutsame Institution Vorrang haben vor dem ein halbes Jahr dauernden Fest der BUGA? Fragen über Fragen.
Diese Fragen der Prioritäten sind zentrale und bedeutende Fragen für die Zukunft Wuppertals. Sie müssen
intensiv diskutiert werden, damit alle Argumente auf den Tisch kommen für eine zukunftsfähige Entscheidung für unsere Stadt. Die Prioritätenfrage zerstört einige Träume, aber sie gibt anderen
Projekten neue Kraft. Einfach so weiterzumachen in der Hoffnung, dass keiner daran Kritik übt, ist unverantwortlich gegenüber der Bevölkerung. Hier muss ein Stadtrat intern, mit der Verwaltung und
mit der Bevölkerung diskutieren und dann Entscheidungen treffen.
Eltern haben als Schlusspunkt für ihre Entscheidungen die Bescherung am Heiligen Abend. Der Stadtrat muss
über Prioritäten entscheiden, bevor teure Personaleinstellungen und Grundstückskäufe beschlossen werden. Das Verschieben des Nachdenkens auf irgendwann später könnte mit Millionen € für unnütze
Aufwendungen einmal teuer bezahlt werden.
Den Weihnachtsmann, der alles bezahlt, gibt es für unsere Stadt nicht. Die Bürger, die mit ihren Steuern
Stadt, Land und Bund am Laufen halten, haben ein Recht auf eine gute Entscheidungskultur.
Manfred Alberti
manfredalberti@hotmail.com
www.manfredalberti.de
veröffentlicht in WTOTAL am 15.12.2023