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„Was wird aus unserer Kirche?“
Studientag in Düren

 

Die
Evangelische Gemeinde zu Düren hatte im Rahmen der Strukturdebatte der
Rheinischen Kirche zu einem Studientag eingeladen, und Pfarrer Dr. Dirk
Siedler, Pfarrerin Vera Schellberg, Pfarrerin Susanne Rössler und Pfarrer
Stephan Schmidtlein konnten 130 Teilnehmende aus über 50 Kirchengemeinden und
verschiedenen Kirchenkreisen begrüßen.

 




 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 






Professorin Dr. Isolde Karle aus Bochum, in der
aktuellen bundesweiten Diskussion über die Zukunft der evangelischen Kirche bekannter
und streitbarer Gegenpart zu Altbischof Wolfgang Huber, vertrat in ihrem Referat
nachdrücklich die Position, dass in der gegenwärtigen Strukturdebatte unbedingt
das presbyterial-synodale System zu erhalten und zu stärken sei. Auf der Basis
dieses Systems seien Gemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen durchaus in der
Lage, den Anforderungen an eine zukunftsfähige Kirche kompetent und kreativ zu
begegnen. (siehe auch die untenstehenden „Zwölf Thesen zur Kirchenreform“!)

 

Foto: dK

 

 

In
den anschließenden Gruppengesprächen tauschten Presbyterinnen und Presbyter,
Pfarrerinnen und Pfarrer Gedanken und Erfahrungen aus. Dabei wurde deutlich,
dass viele Gemeinden und Kirchenkreise längst dabei sind, die Weichen für eine
gute Zukunft der Kirche zu stellen, wobei sie das vorhandene Regel- und
Gesetzeswerk der Evangelischen Kirche im Rheinland gut zu nutzen verstehen.

 

Die
Ergebnisse der Tagung, die von überaus engagierten und kompetenten Gesprächen
und Wortbeiträgen geprägt war, sind in den nachfolgenden Texten nachzulesen.

 

 

 

WIR BRAUCHEN ZEIT FÜR EINE DEBATTE!

 

Kritische Anmerkungen des Dürener Studientages

zur kirchlichen Personalplanung und Verwaltungsstrukturreform

 

Thesen:

1. Sowohl der Zeitplan als auch die vorgesehene
Beteiligung der Gemeinden ist unzureichend für die vorgesehenen Entscheidungen
zur Personalplanung und Verwaltungsstruktur, die weitreichende Folgen für die
Organisations- und Finanzhoheit der Presbyterien haben werden.

2. Wir stellen in Frage, dass größere Einheiten in der Verwaltung
zu geringeren Kosten und weniger

Fehlern in der Verwaltung führen werden.

3. Wir stellen in Frage, dass die Ansiedlung von Hauptamtlichen
auf der Ebene des Kirchenkreises

die Qualität der Arbeit im Kirchenkreis und in den Gemeinden
garantiert.

4. Wir lehnen die Trennung zwischen diakonischem Handeln der
Kirche und Gemeinde vor Ort ab,

die in den vorgeschlagenen Umstrukturierungen implizit enthalten
ist.

5. Wir lehnen ein „Ämter“-Verständnis ab, das das Miteinander von
Hauptamtlichen als Nebeneinander von Spezialisten beschreibt.

6. Wir lehnen ab, dass das Recht auf eigenverantwortliches
Leitungshandeln der Gemeinde als

bloße „Teilhabe“ der Gemeinden an kirchlichen Entscheidungen
charakterisiert wird.

7. Wir lehnen eine Entwicklung ab, die Personalplanung mehr und
mehr zur Aufgabe von Verwaltungsspezialisten macht.

8. Es ist darauf zu achten, dass der Status der Gemeinden als
Körperschaft öffentlichen Rechtes

nicht ausgehöhlt wird, indem Finanz-, Personal- und
Organisationshoheit verloren gehen.

9. Wir sehen auch die Notwendigkeit

- eines wirkungsvollen Einsatzes von weniger bezahlter Arbeit und
weniger Geld,

- der Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg,

- einer besonderen Anstrengung zum Erhalt von Arbeitsfeldern und
zur Gewährleistung der Professionalität.

10. Die bestehenden Gesetze und Verordnungen unserer Kirche bieten
hinreichenden Spielraum,

um dies in den Kirchenkreisen zu ermöglichen.

 

 

Stellungnahme des Dürener
Studientages vom 9. Juni 2011

 

1. Die geplanten zeitlichen Abläufe – Vorstellung der genaueren
Reformvorschläge in den Regionalkonferenzen bis September – schließen aus,
darüber in den Presbyterien und Kreissynoden so zu diskutieren, dass auch
qualifizierte Entscheidungen möglich sind, welche Vorschläge befürwortet und
welche abgelehnt werden – oder etwas Neues für die Region Passendes zu
entwickeln.

2. Die diskutierten Fragestellungen sind aber für das
Selbstverständnis unserer Kirche von so grundlegender Bedeutung, dass einer
Entscheidung der Landessynode ausführliche Diskussionen in den Kreissynoden und
Presbyterien vorausgegangen sein müssen.

3. Es geht nicht nur um einzelne Detailfragen, sondern um die
zukünftige Gestalt von Kirche. Wir wenden uns dagegen, dass unsere Kirche
vorrangig unter Gesichtspunkten wie Effizienz, Vergleichbarkeit, Vereinheitlichung
und zentralisierter Planung und Steuerung gestaltet wird.

4. Wir meinen vielmehr, dass die bestehenden Gesetze und
Verordnungen genügend Gestaltungsmöglichkeiten anbieten, um in Kirchenkreisen,
Regionen und Kirchengemeinden die nötigen Entscheidungen wie z.B. Kooperationen
und Regionalisierung zu regeln.

5. Wir sind der Auffassung, dass die Situationen und
Notwendigkeiten hinsichtlich Personalplanung und Verwal- tungsstrukturen in den
Kirchenkreisen und Regionen so unterschiedlich sein können, dass
landeskirchliche einheitliche Regelungen uns Möglichkeiten nehmen würden, um
uns als Kirche vor Ort sachgerecht zu organisieren.

6. Wir stellen vielmehr die stillschweigenden Voraussetzungen der
Vorschläge in Frage:

-     Stimmt es, dass größere Einheiten Einsparmöglichkeiten bieten,
ohne den Bezug zu den Gemeinden vor Ort zu verlieren?

-         
Stimmt es, dass ‚Vermögensschäden’, die aufgrund fachlicher Fehler
entstanden sind, im Rahmen

„effizienter, qualitätssichernder und vergleichbarer Strukturen“
ausgeschlossen werden können?

-         
Stimmt es, dass die Qualität der Arbeit in den Gemeinden durch die
Ansiedlung von Stellen auf der Ebene der Kirchenkreise gewährleistet werden
kann?

7. Eine weitere Implikation der Papiere ist die Trennung von
Kirche und Diakonie. Wir erkennen allerdings gerade, wie nötig es ist,
beides wieder enger zusammenzuführen. Dem läuft das Bild des Pfarramtes geradewegs
zuwider, wenn es unter Entlastungsgesichtspunkten auf „Verkündigung und
Seelsorge“ eingeschränkt werden soll. Wir denken, dass beides nicht von der
diakonischen Aufgabe getrennt werden kann und darf. Dazu bedarf es
notwendigerweise der engen Zusammenarbeit mit anderen diakonisch qualifizierten
Mitarbeitenden.

8. Wir sehen die Zukunft des Miteinanders von Pfarrberuf und anderen
kirchlichen Berufsgruppen in der „Dienstgemeinschaft“ von Mitarbeitenden der
verschiedenen Arbeitsfelder einschl. des Pfarrdienstes, die miteinander
vernetzt sind als „multiprofessionelle“ Expertenteams. Nötig ist nicht die Beschränkung
des Pfarramtes auf angebliche „Kernaufgaben“, sondern Teamgeist und
Verknüpfungsfähigkeit mit den vielfältigen

Begabungen anderer Mitarbeitenden und verschiedenen Aufgaben in
den Arbeitsfeldern unserer Kirche und Gemeinden.

9. Wenn gut ausgebildete hauptamtliche Experten aus den
Berufsgruppen Kirchenmusik, Jugendarbeit etc. verstärkt auf Kirchenkreisebene
angesiedelt sind, verhindert dies nicht einen Stellenabbau. Es kann ebenso
Stellenabbau legitimieren und vereinfachen. (1) 
Darüber hinaus hat die vermehrte Ansiedlung der entsprechenden Stellen
auf Kirchenkreisebene die Konsequenz, dass Pfarrer und Pfarrerinnen zunehmend
näher an der praktischen Arbeit vor Ort sind als die Personen anderer
Berufsgruppen. Dies führt zu einer größeren Pfarrerzentriertheit in der Praxis
der Gemeinden.

10. Wir unterstreichen nicht, „... dass die Gemeinde der
Getauften ihr Recht auf Teilhabe (sic!) am Leitungshandeln auch weiterhin
wahrnehmen kann.“
(Beschluss 6 der außerordentlichen Landessynode 2010)
Nach unserem Verständnis von Gemeinde und der presbyterial-synodalen
Ordnung (in dieser Reihenfolge!) beschränkt sich das gemeindliche
Leitungshandeln nicht auf „Teilhabe“, sondern die Gemeinde der Getauften hat
ein Recht auf eigenverantwortliches Leitungshandeln.

11. Kirchengemeinden sind ebenso wie Kirchenkreise und
Landeskirche ‚Körperschaften öffentlichen Rechtes’. Für die Kirchengemeinden
der Evangelischen Kirche im Rheinland ist das bisher verbunden u.a. mit der
Finanz-, der Personal- und der Organisationshoheit und einem damit einhergehenden
Selbstverständnis. Dieses Statut sollte nicht ausgehöhlt werden, weil es
‚Evangelische Kirche vor Ort’ schwächen würde.

12. Mit den Reformüberlegungen sollen Erfahrungen der Kommunen
aufgenommen werden (2): Dort erkennt man allerdings gerade, dass die erwarteten
Ziele nicht erreicht werden.

13. Wir sehen uns in der Pflicht und erklären unsere Bereitschaft
daran mitzuwirken, im Rahmen der bisher schon bestehenden Möglichkeiten Wege zu
entwickeln, den berechtigten Fortbildungsanspruch zu verwirklichen, einen
effizienten Einsatz von Personal- und Sachmitteln zu gewährleisten, die
Sicherstellung der selbstveranwortlichen Arbeit der Presbyterien, die Erhaltung
von Arbeitsfeldern und Berufsgruppen im Kirchenkreis durch Kooperation und
Regionalisierung zu unterstützen.

 

1 „Das erfordert eine neue Rollendefinition ... bei den
Hauptamtlichen. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit wird es sein, ehrenamtliche Arbeit
anzustoßen, zu unterstützen, zu koordinieren und im Hintergrund den
institutionellen Rahmen zu gewährleisten, während die unmittelbaren Kontakte
weitgehend von den Ehrenamtlichen wahrgenommen werden.“ (Kirchliche Personalplanung.
Zur Umsetzung von

Beschluss 53 LS2011, Stand: 10.06.2011, S. 25)

2 Struktur der Verwaltung (KL-Vorlage, LS 2011, DS 31).

 

 

Resolution der Teilnehmenden am
Studientag:

 

Wir,
130 Teilnehmende aus ca. 55 Kirchengemeinden und Kirchenkreise der Evangelischen

Kirche
im Rheinland am Studientag zu den Strukturreformen, halten (bei drei
Enthaltungen) fest:

a.
Das von der Kirchenleitung eingerichtete Internetforum zu den Strukturreformen
ist kein ordentliches Mittel zur Beteiligung der Gemeinden und Kreissynoden an
der notwendigen Debatte zu den vorgeschlagenen Strukturveränderungen in unserer
Kirche.

b.
Auch die von der Kirchenleitung vorgesehenen Regionalkonferenzen sind kein
ordentliches

und
geeignetes Mittel zur Beteiligung der Gemeinden und Kreissynoden.

c.
Die inhaltlichen Bedenken gegenüber den vorgeschlagenen Strukturveränderungen
und die Kritik an den in ihren Begründungen enthaltenen Grundannahmen sehen wir
in der Dürener Stellungnahme aufgenommen.

d.
Wir bitten alle Presbyterien und die Synoden der Kirchenkreise, sich dafür
einzusetzen, dass die Landessynode 2012 keine inhaltlichen Festlegungen zu den
geplanten Strukturreformen vornimmt, sondern einen ordentlichen
Diskussionsprozess im Rahmen eines Proponendums einleitet. In diesem
Proponendum sollen die verschiedenen Diskussionsprozesse zur
Verwaltungsstruktur, zur Gesamtpersonalplanung, zum Pfarrbild und zur
Aufgabenkritik in ihrer wechselseitigen Bedingung in den Blick genommen werden.

 

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© Manfred Alberti

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