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LS 2013

Verwaltungsstrukturgesetz (VerwG)

 

(Verfasser: Pfr. i. R. Manfred Alberti 02.04.2013)

 

Das auf der Landessynode 2013 beschlossene Verwaltungsstrukturgesetz soll am 01. April 2014 in Kraft treten.

 

Leider wird es kaum Probleme lösen, sondern durch die Verschiebung von Leitungsverantwortung von Gemeinden und Kreissynodalvorständen auf die Verwaltung (oder: vom Presbyteriumsvorsitzenden und Superintendenten auf einen Verwaltungsangestellten) viele neue Probleme schaffen. Zudem wird das Gesetz die Kosten für Verwaltung massiv erhöhen:

Geld, das für die eigentliche Gemeindearbeit fehlt.

 

Die Landessynode im Januar 2014 kann Fehlentwicklungen durch dieses Gesetzes noch korrigieren, wenn Gemeinden und Kirchenkreise Änderungen dieses Gesetzes noch vor dem In-Kraft-Treten beantragen.

 

Auch in Kreisen der leitenden Verwaltungsmitarbeiter in der EKiR soll es erhebliche Kritik an diesem Gesetz geben: Den Umbau der Verwaltung zu einer Institution mit Leitungsverantwortung für Gemeinden und Kirchenkreise sehen wohl etliche Verwaltungsleiter kritisch. Für eine Überhäufung der Verwaltung mit Leitungsverantwortung seien auch auf unabsehbare Zeit personell nicht genügend kompetente Mitarbeiter verfügbar.

 

 

 

Fünf Grundprobleme sind im VerwG nicht gelöst:

 

1.) Keine klare Trennung von Verwaltung und Leitung.

Die Verwaltung bekommt relevante Leitungsaufgaben für Gemeinden und Kirchenkreis zugesprochen.

 

Die Leitung einer Kirchengemeinde durch das Presbyterium geschieht auf drei Ebenen:

 

a) Durch grundsätzliche Entscheidungen wie die Gesamtkonzeption gemeindlicher Aufgaben und die Haushaltspläne; (KO Art 16)

 

b) durch die Verantwortung für die „erforderlichen organisatorischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen“ (KO Art 15.3) und

 

c) im Laufe des Jahres durch eine Vielzahl von Einzelentscheidungen des Presbyteriums, durch Entscheidungen von Presbyteriumsvorsitzenden zusammen mit dem Kirchmeister und durch die Anordnungsberechtigung des Vorsitzenden. Solche Entscheidungen bewegen sich im Rahmen des vom Presbyterium beschlossenen Haushaltsplanes. Sollten sich Veränderungen des Haushaltsplanes als notwendig erweisen, werden von diesen Personenkreisen die notwendigen Entscheidungen getroffen. Die (Gemeinde)- Verwaltung hat die Aufgabe, alle Entscheidungen vorzubereiten und sie auszuführen.

 

Alle diese Entscheidungen werden gemeindenah und von Mitgliedern der Leitungsorgane getroffen. Hier sind die Kenntnisse der gemeindespezifischen Umstände, der Chancen und Ziele, der Probleme und Schwierigkeiten vorhanden. Aber auch die Gemeindearbeit und die (ehren- und hauptamtlich) mitarbeitenden Menschen mit ihren Gaben und Schwierigkeiten sind den Entscheidungsträgern weitgehend präsent.

 

Gerade durch diese vielfältigen täglichen Entscheidungen in der Gemeinde geschieht de facto ein Großteil der Gemeindeleitung: Dabei arbeitet die (Gemeinde-) Verwaltung der Gemeindeleitung zu, sie ist der Leitung untergeordnet.

 

Dieses Verhältnis wird jetzt auf den Kopf gestellt:

 

Der alltäglichen Gemeindeleitung durch die gemeindenahen Leitungsorgane wird die Grundlage entzogen, wenn nicht mehr die gemeindenahen Leitungsorgane sondern das Verwaltungsamt über alle Finanzausgaben im Rahmen des Haushaltsplanes (bis z.B. 10 000 €) ( VerwG. § 17, 4) entscheidet und das Anordnungsrecht (§ 22) besitzt und somit das Entscheidungsrecht in Zweifels- oder Konfliktfällen ausübt.

 

Die Leitung durch die Personen und Gremien der Gemeinde wird reduziert auf Grundsatzentscheidungen, auf den von der Verwaltung vorbereiteten Haushaltsplanbeschluss und auf einzelne Beschlüsse, die das Leitungsorgan sich ausdrücklich vorbehält. Alle anderen Entscheidungen sind dem Verwaltungsamt zugeordnet.

 

Wie weit die Gemeindeleitung durch das Presbyterium vom 01. April 2014 an ausgehöhlt ist, sieht man, wenn man sich vorstellt, dass juristisch die gewählte Leitung der Gemeinde durch den Presbyteriumsvorsitzenden und den Kirchmeister in vielen (alltäglichen) Entscheidungsfragen nur als Bittsteller vor den Verwaltungsmitarbeiter treten kann, damit er in ihrem Sinne eine Entscheidung fällen möge. Verpflichtet ist der Verwaltungsmitarbeiter dazu nicht, es sei denn, das Leitungsgremium hätte sich den Beschluss ausdrücklich selbst vorbehalten.

 

Gleiches gilt für den Superintendenten:

Selbst ihm gegenüber hat m. E. ein Abteilungsleiter oder gar ein Sachbearbeiter in der Verwaltung Entscheidungsrechte in Fragen der „laufenden Verwaltung“. Außerdem wird der bisherige Genehmigungsvorbehalt des KSV bei Personalentscheidungen gestrichen: Die Verwaltung wird selbst zur Genehmigungsinstanz (VerwG. § 17, 3 b). Selbst wenn normalerweise vielleicht 95 Prozent aller Personalentscheidungen im KSV als Routineentscheidungen ohne Aussprache genehmigt werden: Wieso soll dann die Verwaltung durch § 17 Abs 3 b befugt und befähigt sein, gerade die vielleicht strittigen restlichen 5 Prozent, die keine (!) Routineentscheidungen sind, anstelle des KSVs selbst zu entscheiden? Logisch ist das nicht! § 17 Abs. 3 beschränkt Geschäfte der laufenden Verwaltung ausdrücklich nur (!) auf Routineentscheidungen. Gerade hier bei strittigen Fragen ist die Leitungskompetenz von Superintendent und KSV gefragt und unverzichtbar.

 

„Mit der regelmäßigen Übertragung von Entscheidungsrechten an eine Verwaltungsdienststelle würde im strengen Sinne wieder eine „Entfernung“ vom reinen presbyterial-synodalen Charakter unserer Kirche stattfinden.“ bekennt ganz offen selbst die offizielle Vorlage 19 zur Landessynode 2012 (S. 40), und bestätigt so, dass hier Verwaltung zu einer Entscheidungsinstanz wird und dass damit das presbyterial-synodale System weiter ausgehöhlt wird.

 

So wird aus der zuarbeitenden Verwaltung eine Entscheidungsinstanz.

 

 

GESETZESTEXTE:

 

VerwG § 17 Geschäfte der laufenden Verwaltung

(1) Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten als auf die zuständige Verwaltungs-leitung übertragen, soweit sich nicht das Leitungsorgan die Entscheidung über bestimmte Geschäfte der laufenden Verwaltung durch Beschluss vorbehält.

(3) Als Geschäfte der laufenden Verwaltung sind Routineangelegenheiten anzusehen, die für den Auftrag der Kirche weder sachlich, kirchenpolitisch noch finanziell von grundsätzlicher Bedeutung sind, die sich im Rahmen des entsprechenden Haushaltsplans bewegen und von der Verwaltung nach feststehenden Regeln erledigt werden können. Hierzu gehören in der Regel:

a) die Vorbereitung und Umsetzung von Arbeitsrechtsangelegenheiten,

b) die Genehmigung von Einstellungen, Eingruppierungen und Kündigungen, soweit sie auf den Kreissynodalvorstand delegiert sind,

c) die Durchführung von Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen von Gebäuden,

d) der Abschluss von Miet- und Pachtverträgen mit Ausnahme von Verträgen, die nach Stunden oder Tagen bemessen sind,

e) die Anlage von Geldvermögen und die Bewirtschaftung von Finanzanlagen entsprechend den Anlagerichtlinien der Evangelischen Kirche im Rheinland,

f) die Beglaubigung von Protokollbuchauszügen.

(4) Durch eine Satzung des Kirchenkreises ist der Umfang der Geschäfte der laufenden Verwaltung festzulegen, insbesondere bis zu welcher Summe Geschäfte, die sich finanziell beziffern lassen, als Geschäft der laufenden Verwaltung anzusehen sind. In Zweifelsfällen entscheidet die Superintendentin oder der Superintendent nach pflichtgemäßem Ermessen, was als Geschäft der laufenden Verwaltung anzusehen ist.

 

VerwG § 22 Anordnungsberechtigung

Die Verwaltungsleitung der Gemeinsamen Verwaltung ist anordnungsberechtigt im Rahmen der jeweils geltenden Haushaltsbeschlüsse. Die Geschäftsordnung kann weitere Anordnungsberechtigungen festlegen.

 

 

 

VORSCHLÄGE ZU GESETZESÄNDERUNGEN (Nr. 1 bis 4):

 

  1. § 17 (1): Geschäfte der laufenden Verwaltung und

§ 22: Anordnungsberechtigung

 

Die Übertragung der Geschäfte der laufenden Verwaltung und der Anordnungsberechtigung auf die Gemeinsame Verwaltung gelten nicht generell, sondern können (kein Zwang) durch Beschlüsse des Leitungsorgans jährlich neu auf die Verwaltung übertragen werden.(Presbyterien könnten diese Anordnungsberechtigung auch behalten.)

 

Nur so bleiben Presbyterien und Kreissynodalvorstände die entscheidenden Leitungsorgane gegenüber der Verwaltung.

 

 

  1. § 17 (1) (3) (4) (5): Geschäfte der laufenden Verwaltung und

§ 22: Anordnungsberechtigung

 

Die Übertragung der Geschäfte der laufenden Verwaltung und der Anordnungsberechtigung können jederzeit von dem Vorsitzenden auch ohne vorherigen Presbyteriumsbeschluß zurückgeholt werden.

 

Nur so bleiben Presbyterien und Kreissynodalvorstände die entscheidenden Leitungsorgane gegenüber der Verwaltung.

 

Die komplizierten und unklaren Formulierungen in § 17, (1), (3) (4) und (5) fordern Konflikte geradezu heraus: „bestimmte Geschäfte“, wann Beschlüsse: nur vorweg?, „Routineangelegenheiten“…

 

Es geht hier nicht um den „Auftrag der Kirche“, oder „grundsätzliche Bedeutung“, sondern es geht hier um konkrete Entscheidungen für aktuelle Leitungsfragen von Gemeinden und Kirchenkreis.

 

Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen (§17, (3) c) sind für Presbyterien oder den KSV nieRoutineangelegenheiten“, sondern immer eine eine Auswahl treffende Leitungsentscheidung. Hier müssten konkrete Beschlüsse des Leitungsorgans eine zwingende Voraussetzung für Verwaltungshandeln sein.

 

Miet- und Pachtverträge (§ 17, (3) d) können nicht im alleinigen Entscheidungsbereich eines Verwaltungsangestellten liegen, sondern sie erfordern immer die Zustimmung zumindestens des Presbyteriums-vorsitzenden oder Kirchmeisters, die die Gemeindesituation gut kennen.

 

 

 

  1. § 17 (4) Finanzielle Bezifferung der Geschäfte der laufenden Verwaltung

 

Routineangelegenheiten“ können nicht durch eine generelle Bezifferung nach Euro definiert werden, da z.B. routinemässige Heizöleinkäufe teurer sind als eine Neubestuhlung des Konfirmandenraumes oder der Einbau eine Kleinstküche in der Kirche für das Kirchencafe. Die Rangfolge auch kleinerer, preiswerterer Angelegenheiten kann nur durch das Leitungsorgan beschlossen werden. Das darf keine „Routine“entscheidung der Verwaltung sein.

 

Routineangelegenheiten sollten nicht durch eine Eurozahl definiert werden, sondern durch ihre regelmäßige, gleichbleibende Wiederkehr.

 

 

  1. § 17 (3) b) Genehmigung von Personalangelegenheiten anstelle des KSV

 

Selbst wenn 95 % aller hier genannten Genehmigungen nach Prüfung nur abzunickende Routineangelegenheiten sein sollten, muss diese Genehmigung beim KSV verbleiben. Es kann nicht Aufgabe und Kompetenz eines Verwaltungsangestellten sein, über strittige oder zweifelhafte Genehmigungen zu entscheiden.

 

Alle Personalgenehmigungen müssen Leitungsentscheidungen des Superintendenten und des KSV bleiben, selbst wenn 95% routinemässig nur abgehakt werden. § 17 (3) b) ist meines Erachtens ersatzlos zu streichen.

 

 

2.) Die unpassende Verwendung des Begriffs

Laufende Verwaltung“

 

Die Verwaltungsstrukturreform greift bewusst zurück auf Elemente der kommunalen Verwaltungsstruktur (siehe Zu VerwG § 17, Abs. 3 die Begründung (LS 2013 Vorlage 20 S. 36) ohne die gravierenden Unterschiede angemessen zu berücksichtigen:

 

Die Kommunale Verwaltung ordnet das Verhältnis der Bürger in einer Stadt und sorgt für die notwendigen Strukturen, damit die Menschen dort leben können. Dabei sind die Verwaltungen weitgehend an bundes- und landesweit vorgegebene Gesetze und Regeln gebunden und führen diese in ihrer Kommune aus. Entscheidungsspielraum gibt es nur innerhalb dieser Gesetze. Innerhalb dieses begrenzten Entscheidungsspielraums kann ein juristisch geschulter Sachbearbeiter oder Abteilungsleiter frei entscheiden (Z.B. Sozialamt: Steht einer Familie ein neuer Kühlschrank zu oder nicht?) Eine Entscheidungskompetenz innerhalb von Gesetz und Ordnung in jeweils begrenzter Höhe (Z.B. 10.000 €) ist da sicher sinnvoll. Hier geht es bei „laufender Verwaltung“ im Wesentlichen um die sachgerechte Umsetzung vorgegebener Gesetze.

 

Die Kirchliche Verwaltung geschieht in einem ganz anderen Rahmen: Gemeinden sollen den Verkündigungsauftrag aktuell und gemeindegemäß nach ihrer jeweiligen Gemeindekonzeption ausüben. Viele Einzelentscheidungen müssen dabei innerhalb des zur Verfügung stehenden Haushaltes aktuell getroffen werden. Impulse von Ehrenamtlichen oder sinnvolle Anregungen aus der Gemeinde sollten schnell umgesetzt werden. Solche Entscheidungen sind aber keine Standard-entscheidungen der laufenden Verwaltung nach Recht und Gesetz, sondern sie sind Leitungsentscheidungen der dazu gewählten Personen oder Gremien.

 

Solche Leitungsentscheidungen müssen aber durch die dazu gewählten Personen und Gremien in der Gemeinde (gleiches gilt für Genehmigungsvorbehalte von Superintendenten und KSV) getroffen werden und können nicht auf Verwaltungsmitarbeiter delegiert werden.

 

Nicht umsonst belässt die Kirchenordnung solche Entscheidungen ausschließlich in der Gemeinde und bei Gremien oder Personen aus ihrer Mitte (KO Art. 16 Abs.2)

Es ist sachfremd und konfliktträchtig, solche Entscheidungen auf Verwaltungen auf Kirchenkreisebene zu übertragen.

 

 

VORSCHLÄGE ZU GESETZESÄNDERUNGEN (Nr.5 = Nr 3):

 

5.) = 3.) Siehe oben zu

3. § 17 (4) Finanzielle Bezifferung der Geschäfte der laufenden Verwaltung

 

 

 

3.) Die Aushöhlung der Presbyteriumskompetenzen

 

Was bleibt an Leitungsverantwortung noch beim Presbyterium, wenn Entscheidungen der laufenden Verwaltung (VerwG § 17, 3) und alle Entscheidungen in einem definierten Finanzrahmen (VerwG § 17,4 ) und das Anordnungsrecht (VerwG. § 22) den Presbyterien weggenommen werden?

 

Bei der Landessynode 2012 haben die Presbyterien schon die meisten Kompetenzen im Bereich des Personals abgeben müssen und die grundsätzliche Verantwortung für die Gemeindeverwaltung hat ihnen die Landessynode 2012 zu Gunsten zentraler Verwaltungsämter entzogen. Wenn man dazu berücksichtigt, dass u.a. auch die Durchführung von Bau- und Unterhaltungsmassnahmen von Gebäuden sowie die Verantwortung für die Finanzanlagen des Gemeindevermögens an die Verwaltungsämter abgegeben werden, dann reduziert sich die Gemeindeleitung durch die Presbyterien auf die dann nach KO Art. 15 Abs. 1 noch übrigbleibenden Grundsatz- und Haushaltsentscheidungen.

 

Hier kann man beim besten Willen nicht mehr von Gemeindeleitung im Sinne einer presbyterial – synodalen Kirchenstruktur sprechen. Die Presbyterien verlieren fast alle Verantwortungen und Spielräume, die sie zu einer segensreichen Leitung einer Gemeinde benötigen.

 

Die evangelische Kirche riskiert mit dem Verlust der Bedeutung des Presbyteriums das Pfund, mit dem sie heute noch wuchern kann und lange erfolgreich gewuchert hat: Die unermüdliche Arbeit der Ehrenamtlichen, die voll eigener Verantwortung Gemeinde geleitet und gestaltet haben. Ehrenamtliche Arbeit ohne Verantwortung ist für viele kompetente Menschen uninteressant.

 

Die Rheinische Kirche zerstört durch die Entmachtung der Presbyterien und Stärkung der hierarchischen Ordnung ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal im ökumenischen Kontext.

 

Eine Frage an die Juristen:

Dürfen Gremien der Rheinischen Kirche durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen (Gesetze etc) die für die Rheinische Kirche maßgebende presbyterial – synodale Struktur so aushöhlen, dass ihre Grundlage, die Leitungsverantwortung der Gemeindeebene, faktisch nicht mehr existiert?

 

 

 

4.) Verwaltungskosten statt Gemeindearbeit

 

Jede Verwaltung verursacht Kosten. Aber leider zeigt die Erfahrung: Je grösser die Verwaltung desto höher die Kosten, da der Stellenkegel wächst.

 

Brauchen die Gemeinden wirklich so große und kompetente Verwaltungen? Die Gelder für Gemeindearbeit sinken stetig, während die Verwaltungsausgaben steigen.

 

Wer das Verwaltungsstrukturgesetz aufmerksam liest, wird merken, wie sorgfältig vermieden wird, dass den Kosten der Verwaltung Grenzen gesetzt werden. Ganz nebulös sollen irgendwann in der Zukunft (2020) regional und strukturgemäss angepasste Vergleichszahlen erhoben werden können, die einen Vergleich der Verwaltungen mit ihren Leistungen und Kosten untereinander ermöglichen sollen.

 

Wenn die Landessynode 2014 nicht Grenzen der Verwaltungskosten im Vergleich zu anderen Gemeinde- und Kirchenkreisausgaben in das Gesetz hineinschreibt, werden die Gemeinden und Kirchenkreise in den Händen der (planenden und vorgebenden) Verwaltung immer höhere Ausgaben zu schultern haben.

 

Ein Superintendent sprach auf der LS 2012 kurz vor der Abstimmung über die Verwaltungstrukturreform von acht bis dreizehn Euro, die seine Gemeinden pro Gemeindeglied für die Verwaltung aufwenden müssten. Wie kann sich eine Gemeinde mit über 4000 Gemeindegliedern wehren, wenn sie 2012 über 27 € bezahlen musste? (Dieser Betrag bedeutet über 38 Prozent der Kirchensteuereinnahmen der Gemeinde.)

 

Wäre nicht eine gesetzmässige Deckelung der Verwaltungsausgaben sinnvoll, damit nicht unsere Kirche die gleichen Erfahrungen macht wie die Spendenorganisationen vor einigen Jahren: Als die hohen Verwaltungsausgaben mancher Organisationen öffentlich bekannt wurden, wurden diese Organisationen von den Bürgern existenzgefährdend abgestraft und bekamen auch keine Spendensiegel mehr.

 

Grundsätzlich bezahlen Gemeindeglieder ihre Kirchensteuer für eine gemeindegliedernahe Gemeindearbeit und nicht für die Verwaltung.

 

Anders als in der Kommune, wo bürgernahe serviceorientierte Verwaltung geschätzt und honoriert wird, haben Gemeindeglieder mit kirchlicher Verwaltung so gut wie nie etwas zu tun. Verwaltung ist keine Gemeindearbeit! Ihre Notwendigkeit für eine ordentlich geleitete Kirche ist unbestritten, aber ihre direkte Bedeutung für die Gemeindeglieder ist gering. Kein Mensch tritt wegen einer guten Verwaltung in die Kirche ein: Etliche werden aber wegen immer höherer Verwaltungskosten und immer schlechter finanzierter Gemeindearbeit austreten. Ist es deshalb z.B. vertretbar, wenn Kirchenkreisverwaltungen in teuerster Innenstadtlage ihre Verwaltungsbüros unterhalten?

 

Der an die Kirchenleitung überwiesene Beschluss 6 der LS 2013 strebt sinnvollerweise an, auf der LS 2015 (leider erst 2015!) den prozentualen Anteil der Verwaltungskosten am Gesamtkirchensteueraufkommen festzulegen, damit nicht auf Kosten der Gemeindearbeit die Verwaltungsarbeit ohne Kostendeckelung immer mehr optimiert wird. Der inner- wie außerkirchlichen Öffentlichkeit seien deutliche Kostensteigerungen im Verwaltungsbereich nicht mehr vermittelbar.

 

Die Drucksache 13 der Landessynode 2012 (Kirchliche Personalplanung S. 15) hatte einen Korridor von ca. 9 % bis 12 % des Nettokirchensteueranteils der Gemeinden für Verwaltungskosten diskutiert.

 

Damit nicht eine solche Kostendeckelung mit dem Argument unterlaufen werden kann, die LS hätte mit den Pflichtaufgaben kostenträchtige Pflichtaufgaben erst geschaffen, sollten die Pflichtaufgaben eingeschränkt werden, um Gemeinden eigene preiswertere Lösungen zu ermöglichen. Viele Aufgaben müssen nicht durch hochqualifizierte und hochbezahlte teure Verwaltungsmitarbeiter erledigt werden. Eigenkräfte der Gemeinden oder ehrenamtliche Mitarbeiter können Aufgaben kostengünstiger und manchmal besser und gemeindenäher erledigen.

 

GESETZESTEXT

 

VerwG § 2: Gemeinsame Verwaltung

Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden, Kirchenkreise, ihrer Verbände sowie ihrer Dienste und Einrichtungen werden durch eine gemeinsame Verwaltung des jeweils zuständigen Kirchenkreises durchgeführt.

 

VerwG § 8: Pflichtaufgaben

(1) Die gemeinsame Verwaltung ist zuständig für die Wahrnehmung von Pflichtaufgaben in folgenden Bereichen:

a) Beratung und Betreuung der Leitungsorgane

b) Personalwesen

c) Finanz- und Rechnungswesen

d) Bau- und Liegenschaften

e) Meldewesen

f) Friedhofswesen

g) Kindertagesstätten

h) IT-Angelegenheiten

 

VerwG § 12: Finanzierung, Wirtschaftsführung

(1) Die Wirtschaftsführung der gemeinsamen Verwaltungen muss so zweckmäßig und kostensparend wie möglich sein.

(2) Die gemeinsamen Verwaltungen müssen durch die zur Verfügung stehenden Kirchensteuermittel, durch Kostenbeiträge und durch weitere Mittel in der Lage sein, dauerhaft wirtschaftlich und kostendeckend zu arbeiten.

(3) Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sind der Vergleich mit anderen kirchlichen Verwaltungen und die jeweiligen Besonderheiten der Region zu berücksichtigen.

 

 

VORSCHLÄGE ZU GESETZESÄNDERUNGEN (Nr.6 bis 8):

 

  1. § 2 Gemeinsame Verwaltung

 

Der Zwang zu einer Monopolverwaltung sollte entfallen durch die Kann-Formulierung: „Verwaltungsgeschäfte…..können durch eine gemeinsame Verwaltung…..durchgeführt werden.“

 

Monopole brauchen keine Konkurrenz zu fürchten und sind deshalb teurer, aufwändiger und größer als notwendig.



 7. § 12 Finanzierung, Wirtschaftsführung

Einführung eines Paragraphen in Paragraph 12, der die Ausgaben der Gemeinden und Kirchenkreise für die Verwaltung im Verhältnis zu den Kirchensteuereinnahmen begrenzt: „Bei einer Gemeinde dürfen die Verwaltungskosten den Betrag von 12 Prozent ihres Nettokirchensteueranteils nicht überschreiten. Die Verwaltung nicht kirchlich genutzter Immobilien ist separat zu berechnen.“

 

8. § 8 Pflichtaufgaben

Erhebliche Einschränkung dieser Pflichtaufgaben (Z.B. b), c), d), f), g), h)) zugunsten möglicher (Teil-) Lösungen durch Outsourcing, Gemeindemitarbeiter oder ehrenamtliche Arbeit.

 

 

 

5) Kontrolle der Verwaltung

 

5.1.) Nach dem Riesenproblem der EKiR mit der bbz sei hier nur noch darauf hingewiesen, dass in dem VerwG die Frage nicht beantwortet wird, wer eigentlich die Verwaltung (und ihr Finanzgebaren) kontrolliert?

 

Kontrolliert nur die Verwaltung sich selbst (Vieraugenprinzip)?

 

Die Superintendenten sind zwar formal die Dienstvorgesetzten der Verwaltungsleitung, aber ihnen wird in der Vorlage zu diesem Gesetz (LS 2012 Struktur der Verwaltung vom 12.07.2011, B 3 Zu 7: S. 12f ) ziemlich unverhohlen jegliche Kompetenz einer Kontrolle abgesprochen, da sie ja für alles Verwaltungshandeln auf das Zuarbeiten eben dieser Verwaltung angewiesen seien.

 

Müssten in einem Verwaltungsstrukturgesetz nicht das Landeskirchenamt (als übergeordnete Behörde und beratende Hilfe für die Superintendenten) und Rechnungsprüfungsämter als jederzeit einsetzbare und zu regelmäßiger Kontrolle verpflichtete Kontrollinstanzen eine Rolle spielen?

 

5.2.) Wenn nach dem Bestätigen der sachlichen Richtigkeit  durch die Verwaltung nicht mehr Kirchmeister und Presbyteriumsvorsitzender eine Rechnung zur Kenntnis nehmen und abzeichnen, ist der Manipulation und dem Betrug Tor und Tür sperrangelweit geöffnet! Wie soll ein zweiter prüfender Verwaltungsmitarbeiter ohne Gemeindebezug wissen, ob der Schreinerrechnung (mit manipulierter Kontoangabe) wirklich eine Arbeitsleistung zugrunde liegt oder ob die Überweisung für einen sozial Bedürftigen wirklich ein real existierendes Gemeindeglied erreicht? Wie leicht kann irrtümlich durch Eingabe einer falschen Gemeindenummer eine Rechnung einer falschen Gemeinde zugeordnet werden? Vertrauen in Verwaltung ist gut, aber gemeindekundige Kontrolle unverzichtbar. Wenn der Finanzkirchmeister überlastet ist, dann könnte neben dem Vorsitzenden eine ehrenamtlicher Rechnungsprüfer aus dem Presbyterium diese Kontrollaufgabe übernehmen.  Summarische Finanzberichte sind hier viel zu wenig. Eine Gemeinde muss die Kontrolle über alle Gemeindeausgaben in der Gemeinde behalten. Es reicht nicht, dass sich eine Gemeinde solche Kontrolle als Ausnahmeregelung vorbehalten kann: Eine solche Kontrolle muss zum notwendigen Rechtsbestand einer Gemeinde gehören!  (Höchstens der zeitweilige begrenzte Verzicht könnte als Ausnahmeregelung im Gesetz formuliert werden.)

 

 

 

GESETZESTEXT

 

VerwG § 3 Superintendentur

(1) Innerhalb der gemeinsamen Verwaltung ist die Superintendentur als eine eigenständige Organisationseinheit zu bilden. Die Mitarbeitenden der Superintendentur unterstehen der Dienst- und Fachaufsicht der Verwaltungsleitung gemäß § 6. Die Superintendentin oder der Superintendent kann bei Bedarf die Aufsicht an sich ziehen.

(2) Aufgabe der Superintendentur ist die Unterstützung der Superintendentin oder des Superintendenten bei der Erledigung der ihm oder ihr obliegenden Aufgaben, insbesondere die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen der kreiskirchlichen Leitungsorgane sowie das Führen der sonstigen Verwaltungsgeschäfte nach Maßgabe der Superintendentin oder des Superintendenten.

(3) Zur Erledigung von Verwaltungsaufgaben steht der Superintendentin oder dem Superintendenten im Übrigen die gemeinsame Verwaltung zur Verfügung.

 

VORSCHLÄGE ZU GESETZESÄNDERUNGEN (Nr.9 und 10):

 9. Als Gegengewicht zu einer starken Verwaltung (und als Kontrollorgan) muss in jedem Kirchenkreis die Superintendentur als presbyterial-synodales Element verwaltungsmässig mit mindestens einem gut ausgebildeten kompetenten Verwaltungsangestellten (2. Prüfung) besetzt sein. Diese Mitarbeiter des Superintendenten sollten in der Fach- und Dienstaufsicht allein dem Superintendenten unterstehen (VerwG §3 (1).

Da durch diese Person(en) die Arbeit der Verwaltung an einigen Stellen entlastet wird, z.B. Prüfung der Genehmigungen, ist die Zuordnung dieser Person(en) zur Superintendentur ohne Auswirkung auf die Gesamtzahl der Mitarbeiter.



 10. Einfügung eines eigenen Paragraphen, der die Kontrolle und fachliche Aufsicht über die Verwaltung im Sinne der presbyterial - synodalen Grundstruktur der Rheinischen Kirche regelt:

§ 3 (4) Zur Kontrolle und Aufsicht über die Verwaltung stehen dem Superintendenten das zuständige Rechnungsprüfungsamt sowie die Fachabteilung des LKA zur Verfügung.

 

 

 

Zusammenfassung

 

Das Verwaltungsstrukturgesetz mit seiner Verschiebung der Verantwortung für u.a. die alltägliche Gemeindeleitung von den Presbyterien auf die Verwaltung entmachtet Presbyterien und Kreissynodalvorstände und zerstört einen wichtigen Pfeiler der presbyterial-synodal strukturierten rheinischen Kirche: die weitgehend selbständigen, eigenverantwortlichen Gemeinden im Rahmen der Gemeinschaft des Kirchenkreises und der Landeskirche.

 

 

Nachwort:

 

Es ist ungewöhnlich, dass ein gerade verabschiedetes Gesetz schon vor dem eigentlichen In-Kraft-Treten verändert werden soll. Aber zu einem guten Gesetz gehört eine ausführliche Diskussion mit Erörterung aller Vor- und Nachteile. Die hat es bei diesem Gesetz nicht in dem erforderlichen Maße gegeben:

 

1.) Die Landessynode 2011 wollte eine EKiR - weite Diskussion der Personalplanungsvorlage und des Verwaltungsstrukturgesetzes. Die KL hat deshalb beschlossen, dass beide Gesetzesvorlagen bis zum Sommer 2011 zu veröffentlichen seien, damit nach den Presbyteriumsdiskussionen durch die Regionalkonferenzen im Juli und September 2011 die kritischen Aspekte aus den Diskussionen in den Gesetzgebungsprozess einfließen könnten. Dieser Auftrag der Landessynode ist unterlaufen worden, indem die Verwaltungsstrukturreformvorlage erst am 12. Juli 2011 verabschiedet und erst vierzehn Tage später im Internet veröffentlicht wurde. Da hatten in NRW schon die Sommerferien begonnen und drei der fünf Regionalkonferenzen waren vorbei.

 

2.) Der Ausschuss, der dieses Gesetz erarbeitet hat, bestand aus drei Verwaltungsleitern, fünf Mitarbeitern aus der landeskirchlichen Verwaltung, mehreren weiteren Verwaltungsfachleuten, einigen landessynodalen Mitgliedern mit besonderen Ämtern in Ausschüssen, mehreren Superintendenten etc: Eine einzige Kirchmeisterin hätte alleine die Interessen aus Gemeinde- und Presbyteriumssicht einbringen sollen. Keine einziger Gemeindepfarrer (oder Laie) als Presbyteriumsvorsitzender gehörte dem Ausschuss an. So hat dieses Gesetz sehr deutlich die Interessen der Verwaltung auf Kosten der Presbyterien (und Kreissynodalvorstände) stärken können.

 

3.) Das Gesetz wurde wohl am Freitag abend (11.1.2013) nach 23.00 Uhr in die Landessynode in erster Lesung eingebracht und am folgenden letzten Synodentag in zweiter Lesung beschlossen. Zeit und Gelegenheit zu einer der Bedeutung des Gesetzes angemessenen Diskussion gab es da nicht.

 

4.) Die kurzfristig veränderte Verschiebung des In-Kraft-Tretens des Gesetzes vom 1. Jan. 2014 auf den 1. April 2014 deutet an, dass sich die Landessynode dieser Problematik eines nicht ausreichend diskutierten und abgewogenen Gesetzes bewusst war und deshalb den Presbyterien und Kreissynoden Gelegenheit geben wollte, 2013 durch Anträge an die Landesssynode im Januar 2014 noch Einfluss auf den endgültigen Gesetzesinhalt nehmen zu können.

 

 

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